Deutschlandstipendium

Name: Muhammed TatlısuStipendiat Muhammed (Foto: privat)
Alter: 24
Studiengang: Mechatronik/Sensortechnik
Semester: 3. Semester im Master Hochschule 
Hochschule: Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (htw saar)

Stipendium: www.deutschlandstipendium.de

Logo des Deutschlandstipendiums

Das Deutschlandstipendium fördert seit 2011 junge Talente aller Fachrichtungen an staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen bundesweit. Die finanzielle Summe teilen sich dabei Bund und private Stifter. Wie muss ich mir das vorstellen?
Das Deutschlandstipendium ist eine Kooperation vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und privaten Förderern – zumeist aus der Region. Die Förderung beträgt 300 Euro monatlich über ein Jahr. Die eine Hälfte des Stipendiums trägt der Bund, die andere wird durch Unternehmen, Stiftungen oder Privatpersonen finanziert. Die Bewerbung läuft direkt über die jeweiligen Hochschulen. Im Saarland gibt es eine Ausnahme, hier koordiniert die StudienStiftungSaar das Deutschlandstipendium für alle Hochschulen des Landes und bietet darüber hinaus auch eine eigene ideelle Förderung an.
Die Webseiten der Hochschulen und Universitäten bieten meist sehr gute Informationen und einen guten Überblick über die jeweilige Förderung an. Allgemeine Informationen sind auch auf der Website des Deutschlandstipendiums unter www.deutschlandstipendium.de zu finden.
Wie hast du vom Deutschlandstipendium erfahren?
Ich habe im zweiten Semester meines Bachelor-Studiums durch einen Professor vom Deutschlandstipendium erfahren. Er meinte, ich sei gut im Studium und eventuell hätte ich die Chance auf eine Förderung. Das war eine wirklich gute Empfehlung meines Professors.
Du hast dich dann beworben?
Ja, im Sommer 2014 habe ich mich zum ersten Mal beworben. Da die Förderung immer für ein Jahr gilt, habe ich mich danach wieder beworben. Das funktionierte für mich gut, da meine Förderer RAG-Stiftung und Stiftung Bergmannshilfswerk Luisenthal entschieden haben, “ihre DeutschlandstipendiatInnen“ nachhaltig zu unterstützen. Ich möchte mich bei beiden Stiftungen für diese Unterstützung bedanken!
Für mein Studium erhielt ich ebenfalls BAföG, da ist es jedoch so, dass die Hälfte der Förderung später zurückgezahlt werden muss. Das Deutschlandstipendium ist eine finanzielle Unterstützung, die nicht zurückgezahlt werden muss. Da ich bei meinen Eltern wohne, war es für mich schön, dass ich mich mehr am Haushalt beteiligen konnte. Es hat mich entlastet und ich konnte mich viel besser auf mein Studium konzentrieren.
Was bedeutet es für dich, Stipendiat zu sein?
Es ist ein gutes Gefühl! Die Stipendienvergabe hängt – immer abhängig auch vom Förderer – an vielen Faktoren. Ich bin z.B. in meiner Moscheegemeinde ehrenamtlich in der Jugendbetreuung aktiv. Stipendiat zu sein, gibt mir die Bestätigung auf dem richtigen Weg zu sein.
Auf welche Weise und wie lange wirst du durch das Deutschlandstipendium gefördert?
Wer das Deutschlandstipendium in Höhe von 300 Euro pro Monat erhält, wird erst einmal für ein Jahr gefördert. Wer dann weiterhin gute Studienleistungen erbringt, hat auch gute Chancen für eine weitere Förderung. (Anmerkung der Redaktion: Die meisten Hochschulen lassen eine erneute Bewerbung zu.) 
Die Förderung ist nicht an das eigene Einkommen oder das der Eltern gekoppelt. Es gibt daher keine Einkommensanrechnung wie beim BAföG.
Welche Ziele verfolgen Hochschulen und Bund mit dem Deutschlandstipendium?
Ich denke, es geht vor allem um die Entlastung der Studentinnen und Studenten. Ich kenne viele Kommilitoninnen und Kommilitonen, die neben dem Studium jobben müssen, um u.a. ihre Miete zu zahlen. Das Deutschlandstipendium leistet einen Beitrag, dass Studierende sich auf ihr Studium konzentrieren können. Nachwuchskräfte werden gefördert und das Studieren macht auch mehr Spaß.
(Die StudienStiftungSaar vergibt auch Stipendien an Schülerinnen und Schüler im Saarland, die darüber hinaus Informationen zu den Studienangeboten an den saarländischen Hochschulen erhalten und – sollten sie ein Studium an einer dieser Hochschulen aufnehmen – ein Deutschlandstipendium der StudienStiftungSaar erhalten können.)
Werden auch Erwartungen an dich als Stipendiat gestellt?
Ich bin als Deutschlandstipendiat an nichts gebunden. Es gibt Angebote zur ideellen Förderung von Seiten der htw saar und der StudienStiftungSaar, u.a. Workshops und Seminare, an denen eine Teilnahme möglich ist. Ich war bei der Feier zur Übergabe der Urkunden dabei, um meine Förderer sowie die StudienStiftungSaar kennenzulernen. Es ist aber nicht so, dass solche Angebote verpflichtend sind.
Auf der Internetseite des Deutschlandstipendiums heißt es, dass Studierende gefördert werden, „deren Werdegang herausragende Leistungen in Studium und Beruf erwarten lässt“. Muss ich also einen Notendurchschnitt von 1,0 mitbringen?
Nicht unbedingt. Es kommen immer mehrere Faktoren zusammen, z.B. sind soziales Engagement, ein Migrationshintergrund, ein nicht-akademischer Hintergrund und natürlich auch gute Noten Auswahlkriterien. Man benötigt jetzt aber sicher keinen 1,0 Notendurchschnitt.
Bei mir kamen einige Faktoren zusammen: Ich habe einen Migrationshintergrund, bin der Erste in meiner Familie, der studiert und ich engagiere mich in der Jugendbetreuung.
Die Förderer RAG-Stiftung und Stiftung Bergmannshilfswerk Luisenthal fördern gern Stipendiatinnen und Stipendiaten mit Bergbaubezug. Mein Opa war Bergmann, daher hat die StudienStiftungSaar mich diesen Förderern zugeordnet.
Für die Hochschulen, die die Stipendiatinnen und Stipendiaten auswählen, zählt bei der Bewerbung auch gesellschaftliches Engagement. Wie aktiv sollten sich Bewerberinnen und Bewerber ehrenamtlich einbringen?
Wie erkläre ich das am besten? Es ist sehr gut, sich aktiv ehrenamtlich einzubringen. Das sollten Bewerberinnen und Bewerber im Motivationsschreiben deutlich formulieren. Es ist bei vielen Einrichtungen, Gemeinden, Vereinen möglich, sich einen Nachweis über das eigene Engagement geben zu lassen.
Ich bin – wie ich bereits erzählt habe – in der Jugendbetreuung meiner Gemeinde aktiv. Wir treffen uns, spielen z.B. Fußball, aber es geht auch um eine religiöse Wissensvermittlung. Zudem war ich Medienbeauftragter und habe u.a. Flyer für Veranstaltungen erstellt.
Wie und ab wann kann ich mich für das Deutschlandstipendium bewerben?

Die Bewerbung ist an meiner Hochschule einmal im Jahr im Sommersemester möglich. Die Förderung beginnt – wenn man eine Stipendienzusage bekommen hat – dann ab Oktober.

Für die saarländischen Hochschulen hat die StudienStiftungSaar die Bewerbung in einem Online-Bewerberportal zentralisiert. Wir mussten die Angaben zur Person und zum Studium, ein Motivationsschreiben, einen Lebenslauf, eine Leistungsübersicht und Nachweise z.B. über das soziale Engagement oder eventuelle Gutachten hinzufügen. Die Entscheidung über die Stipendienvergabe trifft ein zentrales Auswahlkomitee an der Hochschule, dem ProfessorInnen und MitarbeiterInnen angehören.
Danach hieß es auf die Zu- oder Absage per E-Mail warten und letztlich den Stipendienvertrag unterschreiben.
Wie verlief dein Bewerbungsverfahren für das Stipendium?
(Dauer/Ablauf/Auswahlgespräche/Probleme)
Es ist eigentlich unkompliziert. Der ganze Bewerbungsprozess dauert an meiner Hochschule rund ein bis zwei Tage. Was Zeit in Anspruch nimmt, sind die Erstellung des Motivationsschreibens und die Zusammenstellung der geforderten Nachweise. Die Nachweise sollten rechtzeitig angefordert werden, da es Zeit braucht, um z.B. ein Gutachten zu bekommen. Es gibt an meiner Hochschule kein Auswahlgespräch oder ähnliches.
Wie sieht deiner Meinung nach eine erfolgreiche Bewerbung aus?
Ich habe mich intensiv mit dem Motivationsschreiben befasst. Denn ich denke, dass dies das Herzstück der Bewerbung ist. Die eigene Motivation sollte deutlich werden. Wer dann die weiteren Kriterien erfüllt, hat – natürlich immer abhängig von den Förderern an der jeweiligen Hochschule – sehr gute Chancen auf das Deutschlandstipendium.
Möchtest du zukünftigen Bewerberinnen und Bewerbern oder generell Studierenden nicht- akademischer Herkunft noch etwas mit auf den Weg geben?
Traut euch zu studieren! Traut euch, euch zu bewerben! Ich habe mich auch getraut. Ganz ehrlich: Studieren ist nicht wie Schule. Probiert euch aus. Im Studium finden viele sich selbst und entdecken, dass man auch anders ans Lernen herangehen kann. Ich halte es z.B. für wichtig, dass man strukturiert ans Studium herangeht und das entwickelt sich über die Semester hinweg. Seid motiviert, denn es ist eine Erfahrung, die sich lohnt. Außerdem ist es nicht schlimm, sich einfach mal ein Semester auszuprobieren.

(Interview: Mai 2018)

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