Friedrich-Ebert-Stiftung
Name: Arsdeep Kaur
Alter: 28 Jahre
Studiengang: Jura
Semester: seit SoSe 2013
Universität: Hamburg
Stiftung: www.fes.de
(Die Stiftung steht der SPD nah.)
Wie bist du auf die Idee gekommen, dich bei der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) zu bewerben?
Ich hatte tatsächlich häufiger darüber nachgedacht, mich für ein Stipendium zu bewerben, ließ den Gedanken aber oft nicht weiter ausreifen, da ich es aus irgendeinem Grund für utopisch hielt, ein Stipendium zu erhalten. Für mich war es auch relativ schnell klar, dass die FES die richtige Stiftung für mich sei, aber den Schritt, mich wirklich zu bewerben, habe ich leider etwas länger hinausgezögert.
Ich hatte aber nun das Glück, dass ich sehr früh im Studium mit Stipendiat_innen verschiedener Stiftungen in Kontakt gekommen bin. Überwiegend jedoch mit Stipis von der FES, mit denen ich bei der Gremienarbeit an der Uni in Kontakt getreten bin und schnell gemerkt habe, dass wir ähnliche Interessen und Ansichten verfolgen. So wurde ich häufiger von Stipis der FES angesprochen und es wurde mir zugeredet, dass ich gut zur FES passen würde und mich unbedingt bewerben solle. Die Vorurteile lösten sich schnell auf, so dass ich den Schritt doch gewagt habe – und siehe da, es hat sich gelohnt!
Wofür steht die FES für dich?
Die FES steht für mich für die Verbindung von Vielseitigkeit und Offenheit. Eine freie, gerechte und solidarische Welt wird angestrebt und die FES versucht, ihren Beitrag in einem großen Umfang dazu zu leisten. Die FES verbindet Menschen mit einem ähnlichen Mindset, so dass man das Beste aus sich herausholen kann, gerade weil man auf gleichgesinnte Menschen stößt, die mit dir auf einer Wellenlänge sind und dich bei deiner Meinungsbildung und Umsetzung deiner Ideen bereichern. Die Besonderheit und das ausschlaggebende Kriterium, sich der FES zugehörig zu fühlen, war für mich vor allem, dass alle Stipis durch ihre soziale, engagierte Grundeinstellung miteinander verbunden sind.
Das FES-Stipendium ist mehr als nur eine finanzielle Sicherheit und Entlastung. Mit Hilfe der FES kann ich meinem gesellschaftlichen Engagement ohne Bedenken nachgehen und mich menschlich weiterentwickeln, indem ich u. a. vielseitigen Seminare und Workshops besuchen kann und auf inspirierende Menschen treffe. Die FES ist wohl mein Hogwarts für Muggels, die sozialdemokratische Werte vertreten und leben.
Wie wirst du durch dein Stipendium gefördert?
Ich erhalte die ideelle und materielle Förderung. Die ideelle Förderung gibt mir die Möglichkeit, außerhalb des Studiums, meinen Horizont zu erweitern und nicht nur einseitig zu lernen. Das Studium (Jura) ist sehr zeitintensiv, da bietet die ideelle Förderung in Form von vielseitigen Seminaren und Workshops einen sehr guten Ausgleich. Zudem sind die Themen nicht an Studienfächern orientiert und damit eine gute Gelegenheit, über den Tellerrand der eigenen Disziplin zu schauen, da ich der Überzeugung bin, dass das Studium mehr als nur eine Berufsausbildung sein sollte. Man unterschätzt im Vorfeld oft, wie sehr man von der ideellen Förderung, also den Seminaren, Arbeitskreisen, Workshops und vielem mehr, profitiert. Man eignet sich durch die ideelle Förderung einiges an Wissen an und lernt dabei viele tolle und beeindruckende Menschen kennen. So habe ich bereits während einiger Seminare gute Freundschaften schließen können.
Ist die Höhe deines Stipendiums abhängig vom Einkommen deiner Eltern? Was ist, wenn Eltern „zu viel“ verdienen?
Die finanzielle Förderung ist bei allen 13 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Begabtenförderungswerken dieselbe. Als Deutsche_r oder Bildungsinländer_in entspricht die Förderung §8 BAföG. Das heißt, ich bekomme dieselbe Summe, die ich auch als BAföG-Empfänger_in erhalten würde, mit dem Unterschied, dass ich das Stipendium nicht zurückzahlen muss. Die Berechnung erfolgt analog zu BAföG und richtet sich unter anderem nach dem Einkommen der Eltern. Aktuell kann ich maximal 649 Euro im Monat erhalten. Zusätzlich gibt es für alle, egal, ob mit Anspruch auf BAföG oder nicht, die Studienkostenpauschale von 300 Euro. Ausländische Stipendiat_innen erhalten monatlich 750 Euro (Bachelor/Diplom/Magister/Staatsexamen) bzw. 850 Euro im Master und die Kosten für die Krankenkasse.
Welche Erwartungen stellt die Friedrich-Ebert-Stiftung an dich als Stipendiatin?
Die FES ist wie ein Fels in der Brandung, ein gutes Gefühl, das einen stets durch das Studium und darüber hinaus, begleitet. Die FES möchte ihre Stipis dabei menschlich mit einem politisch reflektierten Mindset wachsen sehen und ihnen dabei helfen, das Beste aus sich rauszuholen.
Sei es die politische und/oder menschliche Weiterbildung, die FES hilft dabei Ideen umzusetzen, um eine gerechtere und solidarische Welt zu schaffen.
Was bedeutet es für dich, eine Stipendiatin zu sein?
Stipi der FES zu sein, heißt für mich, die Möglichkeit zu bekommen, meinen Beitrag zu einer besseren, gerechteren und sozialeren Welt zu leisten. Dabei finanziell entlastet zu sein und seinen gesellschaftspolitischen Interessen nachkommen zu können, ist für mich sehr wertvoll.
Ich bin sehr glücklich, Stipi der FES zu sein, da die FES besonders auf den Charakter und das gesellschaftliche Engagement achtet – es wird hinter die Noten, auf den Menschen geblickt. Menschen mit Ecken und Kanten sind dabei sehr gern gesehen.
Für mich bedeutet die FES ein Zugang zu einem Netzwerk gleichgesinnter, motivierender und engagierter junger Menschen, in denen ein ähnliches Feuer brennt, wie in mir. Durch den Kontakt zu den Mitstipis und die Möglichkeit, interessante Seminare zu besuchen und zu gestalten, wird mein Einsatz für eine bessere und gerechtere Welt weiter gefördert und ausgebaut. Da für mich ein Mit- und Füreinander das Fundament einer funktionierenden Gemeinschaft ist, bin ich stets motiviert, mich in Gruppen Gleichgesinnter zu integrieren und die gemeinsamen Stärken zu nutzen. Um das umzusetzen, bietet die FES die beste Basis.
Stipi zu sein heißt für mich, auch zur Entwicklung neuer Denkansätze beizutragen und vor allem Menschen zu treffen, die die Überzeugung einer offenen, solidarischen und gerechten Sozialdemokratie teilen und weiterverfolgen wollen. Es heißt für mich auch, meine eigenen Fähigkeiten weiter zu entwickeln, um diese in einer angemessenen Form an Mitmenschen weiterzugeben.
Welche Ziele verfolgt die Friedrich-Ebert-Stiftung?
Die FES versteht sich als Teil der sozialdemokratischen Wertegemeinschaft und der Gewerkschaftsbewegung in Deutschland und der Welt. 672 Mitarbeiter_innen fördern und stärken die Soziale Demokratie. In 106 Auslandbüros und 16 Standorten in Deutschland engagiert die FES sich in politischer Bildungsarbeit, Politikberatung, internationaler Zusammenarbeit und Begabtenförderung. Zudem stellt die FES mit dem Archiv der sozialen Demokratie Wissen zur Verfügung und bewahrt dieses.
Die FES ist die älteste politische Stiftung in Deutschland und unterstützt seit 1925 junge Menschen mit einem Stipendium. Auch wenn die FES eine parteinahe politische Stiftung ist, muss man kein SPD-Mitglied sein, um ein Stipendium zu erhalten. Man sollte sich aber mit den Grundwerten der Sozialen Demokratie – Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität – identifizieren können. Außerdem sollte man sich gesellschaftspolitisch engagieren und gute Noten in der Schule/ dem Studium haben.
Gefördert werden Erststudiengänge an staatlichen oder staatlich anerkannten FHs, Hochschulen oder Unis, sowie Master- und Aufbaustudiengänge und Doktorand_innen (Ausnahme: Promotionen im Fachbereich Medizin). Es werden alle Fachrichtungen gefördert und die Stipendiat_innenschaft ist sehr divers; ich habe viele Menschen mit ganz unterschiedlichen Geschichten kennengelernt, das ist immer sehr schön! Bei der Auswahl werden besonders Bewerbungen von Frauen sowie von jungen Menschen, die als erste aus ihrer Familie studieren und/ oder Migrationshintergrund haben, berücksichtigt. Auch Bewerbungen von Geflüchteten sind erwünscht.
Wie verlief dein Auswahlverfahren bei der Friedrich-Ebert-Stiftung?
Mein Auswahlverfahren, bis ich die Zusage hatte, dass ich an Bord bin, dauerte ca. vier Monate.
Nachdem ich die Online-Bewerbung abgeschickt hatte, bekam ich innerhalb von wenigen Tagen die Nachricht, weitere Unterlagen einzureichen. Meine Auswahlgespräche mit zwei verschiedenen Professoren, waren sehr vielfältig und interessant. Während der Gespräche fiel mir auf, dass meinem Gegenüber sehr daran gelegen war, meinen Charakter und die Person hinter den Noten kennenzulernen, die Person mit ihren Ecken und Kanten zu sehen und so zu akzeptieren und vor allem wertzuschätzen. Wichtig war dabei vor allem, dass die Werte und Charakterzüge zu den sozialdemokratischen Werten der FES passten. Die FES möchte nicht – was man sich schnell bei einer Stiftung vorstellen kann und viele Stiftungen es tatsächlich tun – nur allein auf die Noten schauen. Es kommt also während des Gesprächs nicht auf eine Selbstinszenierung oder einen Schlagabtausch an, sondern auf ein angenehmes gegenseitiges Kennenlernen. Es ging nicht nur um meine Lernleistungen, sondern vor allem um mich als ein Individuum mit Ecken und Kanten, mit meinem individuellen Lebensweg, der keinesfalls gradlinig sein musste!
Ab welchem Schuljahr/Semester kann man sich bewerben?
Eine Bewerbung ist möglich sobald man an einer Uni, FH oder Hochschule eingeschrieben ist. Studienanfänger_innen brauchen einen Schulabschluss mit 2,0 (oder besser) und müssen Anspruch auf den BAföG-Höchstsatz haben. Diese Kriterien gelten allerdings nur, bei einer Bewerbung vor oder zu Beginn des ersten Semesters, danach gelten die Leistungsnachweise im Studium.
Was bedeutet es, wenn gesellschaftliches und politisches Engagement verlangt wird? Wie engagierst du dich?
Engagement fängt überall da an, wo man etwas nicht nur für sich, sondern auch für andere macht. Engagement kann bei der kleinsten Hilfe anfangen. Meinen Beitrag leiste ich u. a. dadurch, dass ich versuche mich vielseitig einzusetzen, um eine sozialere Umgebung zu schaffen und auch andere dazu zu motivieren. Ich dolmetsche, helfe bei behördlichen Angelegenheiten, sei es Formulare ausfüllen oder übersetzen, bin an der Uni in verschiedene Gremien tätig und bin in der SPD aktiv.
Was würdest du potentiellen Bewerber_innen für die Bewerbung raten?
Go for it! Traut euch, es ist so banal wie einfach. Zu verlieren hat man nichts, aber viel zu gewinnen! Viele bereuen es, den Mut nicht früher gefasst und sich beworben zu haben. Gebt euch nicht die Möglichkeit, den Vorwurf zu machen! Es warten aufgeschlossene, inspirierende Menschen und spannende Gespräche auf dich. Neben der finanziellen Förderung erwartet dich eine professionelle Betreuung durch das Team der Studienförderung und eine vielfältige ideelle Förderung. Ich kann also allen Studierenden, die sich mit sozialdemokratischen Werten identifizieren können und sich gesellschaftlich engagieren, nur empfehlen, sich für ein Stipendium zu bewerben und sich einfach mehr zu trauen.
Möchtest du Schülerinnen, Schülern und Studierenden – die als Erste in ihrer Familie studieren (wollen) – noch etwas mit auf den Weg geben?
Es gibt viele Wege zum Glück und Erfolg und einer davon ist aufhören an sich zu zweifeln und einfach zu machen! Vertraut auf euch und euer Können, es wird sich lohnen. Wir können uns zwar nicht aussuchen, wie wir auf diese Welt kommen und haben keinerlei Einfluss auf vielerlei Dinge, aber worauf wir einen Einfluss haben, ist, welchen Weg wir einschlagen wollen und wohin wir wollen. Nutze also die Chancen, die dir das Leben bietet und glaube an dich.
(Interview: November 2018)
Weitere Erfahrungsberichte