Evangelisches Studienwerk Villigst
Name: Saskia Schmidt
Alter: 22 Jahre
Studiengang: Polyvalenter Zwei-Fächer Bachelor mit Lehramtsoption Grundschule oder auch kurz: Grundschullehramt
Semester: 7. Semester
Hochschule: Universität Hildesheim
Stiftung: www.evstudienwerk.de (Stiftung der Evangelischen Kirche)
Es sind gar nicht so viele Erwartungen wie anfangs befürchtet. Zunächst einmal ist die vermutlich größte Erwartung, dass ich mein Studium, so gut ich kann, beende, was ja auch absolut in meinem Interesse ist.
Ansonsten wird erwartet, dass man an der Einführungswoche teilnimmt, bei der näher erklärt wird, wie wir als Stipendiaten*innen gefördert werden können und welche Ansprechpersonen es im Studienwerk gibt.
Außerdem bin ich verpflichtet, innerhalb der ersten vier Fördersemester vier Förderpunkte zu sammeln. Das geht z.B. durch das Betreuen von Bewerber*innen in der Hauptauswahl oder von neu aufgenommenen Stipendiaten*innen in der Einführungswoche, aber auch bei Informationsveranstaltungen, bei denen man Villigst vorstellt. Ich habe meine Förderpunkte zum Beispiel gesammelt, indem ich auf einer Messe für Abiturient*innen über die Möglichkeiten der Studienfinanzierung informiert habe, unter anderem am Beispiel des Evangelischen Studienwerks.
Da beim Evangelischen Studienwerk die stipendiatische Beteiligung in Gremien und beim Auswahlverfahren sehr wichtig und gewollt ist, muss jede*r Stipendiat*in mindestens einmal bei dem Vorauswahlverfahren die Bewerber*innen betreuen. Dazu kommt ein Jahresbericht.
Es bedeutet für mich, dass ich ganz ohne finanzielle Sorgen meinem Studium nachgehen kann und dazu Angebote nutzen darf, die mir helfen, mich weiterzuentwickeln.
Ich habe durch das Stipendium die Möglichkeit erhalten, auch mal in andere Fachbereiche hineinzuschauen und Dinge zu lernen, die ich mir neben dem Studium, u.a. aus Zeitgründen, nicht hätte leisten können, wie beispielsweise neue Sprachen zu lernen oder Seminare nur aufgrund des Interesses am Thema zu besuchen. Außerdem hatte ich die Möglichkeit, dass ich mir von den Pflichtexkursionen, die ich in meinem Studium machen muss, die aussuchen konnte, die mich persönlich bereichert haben und weiterbringen. Ohne die finanzielle Unterstützung durch Villigst wäre dies nicht möglich gewesen. Außerdem habe ich die Möglichkeit, mich mit vielen Menschen zu vernetzen, was unfassbar bereichernd ist.
Das Evangelische Studienwerk möchte junge Menschen unterstützen, die sich vor dem Hintergrund christlicher Werte für die Solidarität sowie der Wahrung der Menschenwürde in unserer Gesellschaft einsetzen. Gerade in Anbetracht der Gründungsgeschichte von Villigst wird die Demokratie, die keine Selbstverständlichkeit ist, als schützenswertes Gut empfunden. Deswegen sollen Stipendiaten*innen auch gerade in ihren späteren Berufen kritisch und innovativ handeln, wofür Diskursfreudigkeit sowie Widerspruchstoleranz wichtige Persönlichkeitseigenschaften sind.
Zunächst einmal habe ich alle Unterlagen zum 1. März eingeschickt und wurde dann für Ende Mai zur Vorauswahl in Hannover eingeladen. Zuvor hatte ich aufmerksam das politische Geschehen auf der Welt verfolgt, um mich auf das Gespräch vorzubereiten. Am Tag der Vorauswahl wurde ich freundlich von Stipendiat*innen empfangen, die mir ein wenig die Nervosität nehmen konnten. Als ich dann aufgerufen wurde, saß ich drei netten Menschen gegenüber, die mich nach Einschätzungen zum politischen Geschehen und deren Ursachen befragten. Diese Fragen waren auch an meinen Lebenslauf geknüpft. Dazu wurde ich nach meinem Verständnis vom Lehrer*innenberuf gefragt. Das Vorauswahlgespräch habe ich insgesamt als sehr positiv wahrgenommen.
Kurz nach der Vorauswahl wurde ich Anfang Juni zur Hauptauswahl eingeladen, die Mitte Juli stattfinden sollte. Am 13. Juli fand ich mich dann also in Villigst/Schwerte in NRW ein. Zuvor erhielt ich eine E-Mail, in der sehr transparent beschrieben wurde, was in den zwei Tagen Hauptauswahl passieren würde. Wir wurden in Gruppen mit Studienschwerpunkten eingeteilt. In diesen Gruppen sollten wir Problemstellungen lösen und diskutieren. Das Ganze wurde von drei Menschen, die als Auswahlteam fungierten, beobachtet. Am nächsten Tag hatte man dann mit eben jenen Personen ein halbstündiges Auswahlgespräch. Da ich die vorletzte Person meiner Gruppe war, die an dem Tag zum Gespräch gebeten wurde, habe ich natürlich die Ängste, Sorgen und Nervosität der anderen Bewerber*innen mitbekommen. Das steigerte auch meine Nervosität. Jedoch haben sich die Betreuer*innen ganz wunderbar um mich gekümmert, wodurch ich in der Zeit bis zum Gespräch Ablenkung fand. Nach Hause fuhr ich dann mit gemischten Gefühlen, da ich nicht auf jede Frage eine Antwort hatte. Dass das aber menschlich ist, ist ja auch den Auswählenden bewusst.
Eine persönliche Herausforderung war, dass ich Sorge hatte aufgrund der Verwendung eines falschen Jargons in einer negativen Art und Weise auf meinen sozialen Hintergrund aufmerksam zu machen. Immerhin waren da ja sehr viele kluge Köpfe, die eine andere Sprache, eine „akademischere“, verwendeten als ich. Meinen Sorgen zum Trotz wurde ich sehr wohlwollend angehört und ich hatte das Gefühl, dass mein sozialer Hintergrund als Bereicherung wahrgenommen wurde.
Das Tolle an gesellschaftlichem oder politischem Engagement ist, dass es unfassbar vielseitig sein kann. Das kann so ziemlich alles sein, von Trainingsangeboten für Menschen allen Alters über Einsatz bei der freiwilligen Feuerwehr bis hin zum Engagement in (Hoch-)Schulpolitik, also als Klassensprecher*in, Jahrgangssprecher*in, Leiter*in einer AG und vieles mehr. Das Schöne ist auch, dass das Engagement nicht verfällt. Das heißt: Alles, was du jemals in deinem Leben gemacht hast, wird berücksichtigt.
Bevor ich nun mein politisches Engagement nenne, möchte ich darauf hinweisen, dass ich keinesfalls das Maß der Dinge bin und niemand so viel machen muss, um Stipendiat*in zu werden. Zum einen bin ich als Finanzmentorin aktiv bei der lokalen ArbeiterKind.de-Gruppe Hildesheim, leite dann noch ehrenamtlich das Eltern-Kind-Turnen der bis 3-Jährigen beim USV Kindersportforum Hildesheim. Ich bin darüber hinaus in der Fachschaft Englisch und bei FuNah, einer Initiative für sozial benachteiligte Kinder, aktiv. Weiter sitze ich in verschiedenen universitären Gremien, um die Interessen der Studierenden zu vertreten und bin außerdem im Allgemeinen Studierendenausschuss als Referentin für Antidiskriminierung Schwerpunkt Klassismus und Studierendenangelegenheiten.
Zunächst einmal ein nach aktuellen Vorgaben gestalteter Lebenslauf (so wie Mama oder Papa das gelernt haben, ist übrigens meist veraltet) und dazu ein klares Motivationsschreiben. Am besten habt ihr einen „roten Faden“, der sich durch das ganze Schreiben zieht. Lasst da auf jeden Fall mal jemanden drüber schauen. Dafür könnt ihr euch auch gern in einer lokalen Gruppe von ArbeiterKind.de Unterstützung holen oder im Netzwerk um Hilfe bitten. Lasst euch auch nicht von dem Begriff irritieren. Das Motivationsschreiben soll nicht nur beinhalten, warum das Werk euch als Stipendiat*in aufnehmen sollte, sondern kann auch davon handeln, warum ihr euer Studium gewählt habt oder wer euch motiviert und inspiriert, das können auch Menschen aus eurem sozialen Umfeld sein.
Ganz wichtig: Macht euch nicht kleiner als ihr seid.
Wenn ihr dann zum Gespräch eingeladen werdet, kleidet euch nett, aber zieht kein Businessoutfit an. Ansonsten kann es sein, dass ihr „besser“ gekleidet seid, als diejenigen, die euch interviewen. Seid höflich und aufmerksam, sobald ihr das Gelände betretet, und verstellt euch nicht. Es ist auch absolut in Ordnung zu sagen, dass man auf eine Frage keine Antwort hat. Das ist nämlich immer noch besser, als irgendeine Antwort aus dem Ärmel zu schütteln, denn diejenigen, die euch gegenübersitzen, werden bemerken, was los ist.